Von der Visagistin zur Trauerbegleiterin – Hillje: „Ja zum Leben“
Künzell (eg) – „In jeder Krise steckt eine Chance“ – das ist das Motto von Heidemarie Hillje. Die 68-Jährige ist Autorin, Persönlichkeitstrainerin und Trauerbegleiterin. Sie schätzt an ihrem Beruf die Vielseitigkeit und vor allem den engen Kontakt zu ihren Klienten. So sehr, dass Hillje dafür ihre Karriere als erfolgreiche Visagistin beendet hat. „In der Trauerarbeit, ich nenne es inzwischen Herzarbeit, habe ich meine Berufung gefunden“, sagt sie heute.
„Es erfüllt mich, wenn ich sehe, dass es Menschen besser geht – wenn sie neuen Lebensmut schöpfen, ihr Herz wieder offen ist und sie ‚Ja‘ zum Leben sagen“, erklärt Hillje: „Es ist mir eine Ehre, mit Achtsamkeit, Respekt und Feingefühl das Land einer verletzten Seele betreten zu dürfen.“ So sei die Arbeit in der Trauerbegeleitung für die 68-Jährige eine ganz besondere Herzensangelegenheit. Es erfülle sie, die Klienten bei der persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen. In Gesprächen und Meditationen hilft sie ihnen, ihr eigenes Potenzial zu entdecken. „Gerade in Krisen wissen viele alleine nicht mehr weiter und brauchen Impulse von außen“, erklärt die Künzellerin.
Auch schätze sie an ihrem Beruf die Abwechslung und Vielseitigkeit: „Routine gibt es in meiner Arbeit nicht, die Konfliktsituationen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst“, erklärt die 68-Jährige. Da jeder Tag neue Herausforderungen bereithalte, sei eine entsprechende Vorbereitung enorm wichtig: „Ich stehe morgens sehr früh auf, bete und meditiere. In einer weiteren Stunde bereite ich energetisch den Arbeitsraum vor“, sagt Hillje. Erst danach könne sie in ihrem Studio in Künzell Klienten empfangen. Morgen- und Abend-Rituale runden schließlich den Tag ab. Neben Einzelarbeit, Gesprächskreisen und Wochenend-Seminaren in Künzell bietet sie außerdem Seminarreisen für Menschen in Lebenskrisen an. In diesen geht es um Persönlichkeitsentwicklung, Spiritualität, und Herzensfreude.
Mittlerweile hat sich Hillje nach 25 Jahren als Persönlichkeitstrainerin und Trauerbegleiterin einen Namen gemacht, hatte Fernsehauftritte bei SAT1 und RTL. Der Weg bis dahin war für die 68-Jährige allerdings nicht ganz einfach: „Im Waldorf Astoria in New York fing alles an. Ich arbeitete in Köln als Visagistin für ein US-amerikanisches Kosmetiklabel, war bei Fotomodellen, Fotografen und Agenturen bekannt“, erzählt die Künzellerin. Zur Belohnung war sie für eine Woche nach New York in den Mutterkonzern eingeladen worden. Dort sollte sie ein sehr gefragtes Model für ein Titelblatt-Foto schminken: „Ihr Seelenblick, dieser traurige Schleier vor den Augen, den konnte ich nicht wegschminken. Ab diesem Moment sah ich die Frauen, die sich von mir schminken ließen, mit anderen Augen“, erinnert sich Hillje.
Nicht die äußere Erscheinung, sondern die innere Ausstrahlung mache die wirkliche Schönheit der Menschen aus. Hillje begann daraufhin, sich mit der Seelen-Thematik, der Materie Mensch und Konflikt zu beschäftigen und kündigte am Höhepunkt ihrer Karriere ihren Beruf. Familie und Freunde reagierten darauf mit Unverständnis. Dessen ungeachtet begann die damals 30-Jährige auf dem zweiten Bildungsweg eine psychologische Ausbildung und studierte sechs Semester lang Humanistische Psychologie. Es folgte der Abschluss als Psychodrama-Therapeutin und eine Weiterbildung in Konfliktmanagement. Später führte ihr Weg dann nach Indien. Dort erlernte sie auch das Meditieren, das sie heute ehrenamtlich in der Hospizarbeit weitergibt.
„Ich selbst hatte den Wunsch, ein Mensch mit Tiefgang zu werden um auch die zu erreichen, die sich ganz unten fühlen“, erklärt Hillje. Aus ihrer langjährigen Erfahrung als Persönlichkeitstrainerin sind schließlich zwei Bücher entstanden. Mit „‚Trauern‘ – wie ich mir selbst und anderen helfen kann“ will sie anderen Menschen Mut machen und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen. Ihr zweites Buch: „Ja zum Leben“ ist nach dem Tsunami in Thailand 2004/5 entstanden. „Ich war damals zufällig dort. Mir ist nichts passiert, aber als ich die vielen Schwerverletzten gesehen habe, musste ich mich einfach zum Helfen melden“, erzählt Hillje. Sie unterstützte beim Rückflug von Schwerverletzten von Bangkok nach Frankfurt am Main. „Das war damals sehr heftig für mich“, sagt die Künzellerin. Ihr Werk „Ja zum Leben“ verarbeitet diese Erinnerungen und enthält Fallbeispiele, in denen sich viele Betroffene selbst wiedererkennen.
Ehrenamtliches Engagement der besonderen Art:
Die Meditationsleiterin Heidemarie Hillje bringt sich ein für trauernde Menschen und für den Hospiz-Förderverein „LebensWert“ e.V.
Meditationsabende werden auch in 2019 im Malteser Hospizzentrum, An Vierzehnheiligen 9 in 36039 Fulda, fortgesetzt
Der Hospiz-Förderverein „LebensWert“ Fulda e.V. hat mit dem zu Ende gehenden ersten Halbjahr seines Angebotes „Meditation für Trauernde und andere Interessierte“ Bilanz gezogen. Dazu trafen sich Mitglieder des Fördervereins und der Leiter des Malteser Hospizzentrums Wilfried Wanjek mit der eigentlichen Akteurin, Frau Heidemarie Hillje, zu einem gemeinsamen Austausch. Frau Hilljes Wunsch und Idee war es im Sommer 2018 gewesen, sich mit ihren Talenten und Kenntnissen als Persönlichkeitstrainern, Autorin und Trauerbegleiterin für Trauernde Menschen und letztendlich für den Hospiz-Förderverein ehrenamtlich zu engagieren.
Heidemarie Hillje, die viel Erfahrung auch mit Trauernden in die Meditation einbringt, bietet seit dieser Zeit im 14-tägigen Rhythmus diese in den Räumen der Malteser Hospiz-Zentrums an. „Mein Angebot ist eine Meditation in eine geführte Stille. Viele Menschen, insbesondere Trauernde, sind auf der Suche nach einem inneren Halt, nach Geborgenheit und Gelassenheit. Gerade wenn die Welt aus den Fugen geraten ist, lohnt sich der Blick nach innen und bringt Klarheit für die Seele. Das Ziel ist, die innere Balance wieder zu finden.“
Dabei verzichtet Heidemarie Hillje auf jegliche Entschädigung. Der Teilnahmebeitrag von 10 € pro Person und Abend fließt ausnahmslos in die Kasse der Hospiz-Fördervereins und kommt der hospizlichen Arbeit der Malteser sowie dem stationären Hospiz zu Gute.
Und so kamen im 1. Halbjahr Euro 700,00 zusammen.
Wie Hillje im Gespräch erläuterte, liege die Konzentration auf der Atmung, währenddessen Gedanken kommen und vorüberziehen können. Hierbei werde schon eine Form des Loslassens geübt.
Gefühle, die sich zeigen, würden weder unterdrückt noch mit Energie verstärkt. Die Konzentration liege immer auf der Atmung im Hier und Jetzt. Heidemarie Hillje kombiniert in ihrer Meditation die geführte Stille mit Klangelementen. Dies helfe den Trauernden in eine tiefe Entspannung zu kommen und darüber die eigene Ruhe und Kraft zu entdecken.
„Wir lauschen nach Innen und geben unserer Seele Zeit sich zu beruhigen um uns selbst Liebe, Freundlichkeit und Herzenswärme entgegen zu bringen. Diese zweieinhalbtausend Jahre alte Übungen wirken heute genauso wie damals.“
Martin Hoogen, stellvertretender Vorsitzender des Hospiz-Fördervereins, bedankte sich für diese besondere Art des ehrenamtlichen Engagements: „Sie tun nicht nur Gutes für Menschen in besonders schweren Lebenssituationen, sondern Sie spenden vor allem auch Talente, Zeit und Geld für eine gemeinsame Sache. Wir freuen uns darüber hinaus, dass wir Sie auch als Mitglied in unserem Förderverein haben und sagen herzlich Danke.“
Silvia Hillenbrand, ebenfalls stellvertretende Vorsitzende des Hospiz-Fördervereins, geht selber gerne in diese Meditationsstunde, die sie auch Nicht-Trauernden empfehlen kann. „Ich war völlig unerfahren, habe mich einfach eingelassen und gemerkt, dass mich diese Meditation in eine innere Gelassenheit führt. Ich habe das gute Gefühl, diese Stunde ganz alleine für mich nutzen zu können.“
Die beiden Vorstandsmitglieder dankten auch Wilfrid Wanjek und den Maltesern, dass die Räume für diese Meditation zur Verfügung stehen.
Diese werden auch in 2019 weitergeführt. Allerdings ganz wichtig – der Wochentag wird sich ändern. So finden die Abende immer dienstags von 19 – 20 Uhr statt. Die Beteiligten freuen sich über eine Anmeldung: 0661 – 86077 250 oder hospizzentrum.fulda@malteser.org
Vorkenntnisse sind keine erforderlich. Legere Kleidung, eine Decke, Wollsocken und, wenn vorhanden, ein Yogakissen genügen. Kosten bleiben bei 10 € pro Person.
Die eigentlichen Termine sind auf der Homepage des Hospiz-Fördervereins zu finden: http://hospiz-foerderverein-fulda.de/